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Berichte von 08/2018

Fortsetzung Conrad

Lucas und Mara beschließen nach dem Frühstück, einen der umliegenden Berge zu erkunden. Wir mussten noch umparken, da wir nicht den ganzen Tag auf dem Behindertenplatz stehen durften. Schnell neuer Platz gesucht und umgezogen.
Gemeinsam haben wir noch einen kleinen Trail erkundet, aber das war nur zum Warmlaufen. Von unserem Nachbarn erfahren die Kinder, dass nach ca. 2 km entlang des Highways ein Wanderweg startet. Da es bereits 14:00 Uhr war, fuhr ich sie kurz an die Stelle. Sie wollten ca. zwei - drei Stunden unterwegs sein und wieder bis an den Platz kommen. Das Wetter schien stabil, Regenjacken hatten sie wegen des Windes noch an. Die am Morgen vorbereiteten Sandwiches und eine Flasche Wasser im Rucksack ging es los.
Sie da mal gerade hinzufahren bedeutet das ganze Auto startklar zu machen, alles muss weggeräumt sein, Slide-Out rein, usw. Das gehört dazu. Das wünscht man sich doch schnell einen Kleinwagen, wie ihn viele mit ihren Riesen-Wohnmobilen noch hinter sich herziehen. Christoph und ich nutzten die Gelegenheit eines ausgiebigen Mittagsschlafs auf dem geräumigen Bett von Lucas und Christoph. Gegen 18:00 Uhr werden wir langsam unruhig, da die Kinder noch nicht zurück sind und es heftiger zu regnen begann. Kurz bevor wir uns aufmachen wollen, sehe ich Maras blaue Jacke durch die Bäume schimmern und bin heftig erleichtert. Christoph hatte ich noch gesagt: „Vor 22:00 Uhr schlage ich keinen Alarm“. Ob ich das ausgehalten hätte?
Ganz stolz erzählten sie, dass sie es bis ganz oben geschafft haben und eine tolle Aussicht genießen konnten. Zwei Stunden sind sie nur steil bergauf gegangen, aber anstrengender sei der Abstieg gewesen. Mal sehen, ob sie der kleine Muskelkater melden wird.

Oben angekommen- Mega Aussicht

 

Five Finger Rapids und Whitehorse

Wir starten – kaum zu glauben – um 7:30 Uhr! Für eine Tasse Tee nehmen wir uns vor der Abfahrt noch Zeit, mein „geheiligter“ Kaffee muss warten. Gegen 8:45 Uhr waren wir an den Five Finger Rapids, den Stromschnellen des Yukon. Da es noch so früh war, und die Kinder noch verschlafen, haben wir verzichtet, den Rundwanderweg von ca. 1 Stunde Dauer zu gehen. Wir haben auch wirklich viel vor heute.
An einem Campingplatz am Lake Laberge machen wir Halt, um in Ruhe das Frühstück zuzubereiten. Christoph nutzt, wie immer, die Nähe zum Wasser, um die Angel auszuwerfen. Auch diesmal kein Erfolg. Wir treffen auf „Heiner“, der sich uns so über den Namen auf seinem vorderen Nummernschild vorstellt. Er sah nicht „typisch Deutsch“ aus in seinem Holzfällerhemd und holzhackend, aber mir rutschte das „Guten Morgen“ anstelle, des „Hello“ oder „Good Morning“ einfach raus, was mich kurz selbst erschreckte. Da er aber genauso antwortete, hatte ich wohl instinktiv die richtige Sprache gewählt. Auf dem Weg seinen wunderschönen Jagdhund auszuführen, blieb er bei uns stehen und wir unterhielten uns kurz. Unschwer zu erkennen, kommt er aus Hamburg und er mache ebenso Urlaub in der Gegend wie wir, er vornehmlich in Alaska, aber seine Zeit sei nun nach fast acht Wochen rum. Hä? Acht Wochen Urlaub? Wer kann das machen? Nächstes Jahr gehe er in Pension und sei dann noch länger da. Das hört sich irgendwie nach Professor an…Er hat sich von Fraserway einen Wagen aus der Flotte gekauft, einen Camper, so wie wir ihn fahren. Der steht dann das Jahr über auch dort auf dem Hof und wird für ihn fertig gemacht, sobald er sich anmeldet, dass er kommt. Auch eine Möglichkeit! Seit 16 Jahren kommt er, seit sieben Jahren hat er den Camper. Der Hund kommt immer mit, das ist völlig unproblematisch.
In Whitehorse angekommen, fahren wir direkt zur Vermietstation und ich lasse mir meine Tasche geben, um Christophs Angel zu holen. Jetzt ist seine Welt wieder heil! Weiter geht es mit „Hamster“-Einkäufen für die nächsten Tage, Gasflasche auffüllen, Dreckwasser loswerden, Visitor Center, Frischwasser auftanken und Wäsche waschen. Kommenden Montag ist Labour Day (Tag der Arbeit) und werden auch Geschäfte geschlossen sein. Viele Kanadier nutzen das lange Wochenende für Ausflüge.
Die Familie setzt mich am Laundromat ab und ich kümmere mich darum. Währenddessen erledigen die drei anderen die restlichen Aufgaben. So ein Waschsalon hat schon was. In Deutschland habe ich noch nie so einen Ort aufsuchen müssen. Wenn unsere Waschmaschine mal den Geist aufgegeben hat, waren Schwiegermutter und Mutter da und haben ausgeholfen. Der Mitarbeiter des Ladens zeigte mir, dass es drei verschiedene Größen Waschmaschine gebe. Er rät mir eine große zu füllen und zwei kleine für die unterschiedliche Art von Wäsche. Ich befülle die Maschinen wie geheißen und setze mich zum Lesen auf die Bank. Eine halbe Stunde würden die Maschinen nur brauchen. Dann nochmal genauso lang für den Wäschetrockner. Hier werfe ich Sachen in den Trockner, die ich zuhause dort nie reintun würde, aber hier ist es erforderlich. Um die Wäsche von der Maschine zum Trockner zu transportieren, stehen kleine Wägelchen mit Drahtkörben bereit. Nachdem ich die Wäsche in die beiden Trockner umgesetzt hatte, kam mir kurz der Gedanke, dass meine Jacke gar nicht dabei war. Ach, wird schon im Gewühl dabei gewesen sein, denke ich mir. Zehn Minuten später macht mich der Mitarbeiter aufmerksam, dass ich die dritte Maschine vergessen hatte auszuräumen. Ach ja, da war ja was. Da ich mein frisch angefangenes Buch (Die Hauptstadt) schnell weiterlesen wollte, hatte ich die letzte Maschine ignoriert. Also Wägelchen wieder ran und noch den zweiten Trockner nachgefüllt und die Temperatur auf „low“ gestellt, da hier die „Delicates“ (Feinwäsche) getrocknet wird. Zwischendrin schaut Lucas mal bei mir vorbei und ich schicke ihn für eine weitere halbe Stunde nochmal weg, da einige Handtücher noch nicht trocken waren.
Ich muss gestehen, dass ich zum ersten Mal Männer gesehen habe, die ihre Wäsche selbst erledigten, junge, „mittel-alte“ und ältere Herren. Ein davon hat hingebungsvoll seine Wäsche zusammengelegt, so als ob er sich freue, sie gleich in den Schrank zu setzen und alles ordentlich zu haben.
Wie wir in Neufundland 2012 erfahren hatten, ist es völlig normal, dass kanadische Männer dem Ruf der Arbeit folgen und zum Teil dafür wochenlang von ihren Familien getrennt sind. Klar müssen sie dann auch ihre Wäsche selbst machen.
Und damit Ihr eine Vorstellung von den Ausmaßen des Waschsalons habt: fünf Reihen Waschmaschinen (zu beiden Seiten bestückt), also ca. 35 Maschinen und an der Längswand entlang 12 Trockner, sehr große Trockner! Und wie es sich gehört einige davon „Out of order“. Tagesziel: Campground Conrad bei km 90 des Klondike Highway. Zwei Voucher haben wir ja noch. Grins.

Wunderschön angelegt ist der Campground. Da wir Plätze am Wasser immer bevorzugen, nehmen wir das Risiko um 17:30 Uhr auf und, ggf. umziehen zu müssen, falls noch jemand mit Anrecht auf den Behindertenplatz hat. Wir wollen es jetzt etwas langsamer angehen und zwei Nächte auf dem Platz bleiben. Die großen Strecken haben wir hinter uns, und da alle mal gefahren sind, war das auch gut zu bewältigen. Leider ist das Wetter uns nicht mehr ganz so gewogen, wie die ersten Tage. Wir alle sehnen uns nach etwas Sonne. Mara nutzt die Möglichkeiten und wirft sich in ihren Sportdress und geht erst einmal joggen. Immerhin sechs Kilometer schafft sie in mehreren Runden um den Platz und rauf und runter. Krafttraining schließt sich an mit Stemmen von Holzscheiten und größeren Stämmen. Sie weiß sich zu helfen und ist danach ganz happy, sich mal wieder nach der vielen Fahrerei und den wenigen Möglichkeiten, sich auszutoben, bewegt zu haben. Christoph? Angel.
Conrad ist der neueste Provincial Park in Yukon. Es gibt viele, sehr tiefe und gut belüftete „Outhouses“, viele bärensicherer Müllcontainer und sogar einen schönen Spielplatz für Kinder mit Ferngläsern, durch die auch kleine Menschen durchschauen können. Der Park ist umrahmt von Bergen, zum Teil mit Schnee auf dem Gipfeln und der Marsh Lake zieht sich weitläufig durch die Landschaft. Da ein ziemlicher Wind weht, ist es ohne Feuer draußen richtig frisch.

Logbucheintrag 29. August 2018, 14:30 Uhr

Wir haben den Dempster unbeschadet überstanden. Das nächste Abenteuer „completed“. Die letzten Kilometer schien uns die Straße neu gemacht worden zu sein, auf jeden Fall besser, als auf der Hinfahrt. Fast klinisch saubere Fahrzeuge begegnen uns in die andere Fahrtrichtung und ich denke mir, dass sie sich wundern werden, wo man sein Auto so einsauen kann, wie wir. Sie werden es erleben. Tatsächlich hat Big Buddy eine ordentliche Schlammkruste. Nur behelfsmäßig haben wir mit etwas Wasser und Haushaltstuch wenigsten das Schloss zu den „Gemächern“, all-in-one, sauber gemacht, und auch mal die Scheiben, das kurze Abstrahlen in Inuvik war „für die Katz“. Der Wagen braucht jetzt wirklich eine gute Wäsche, damit auch wir uns nicht permanent daran dreckig machen. Außerdem lohnt es sich kaum aus dem Fenster zu sehen, da auch die noch recht dreckig sind. Ich freue mich auf die nächste Tankstelle, auf der wir den Wagen richtig abstrahlen.


Auch wird es Zeit mit dem „Aufräumtag“. Der von Christoph und den Kindern ist „in die Hose gegangen“, beziehungsweise in einen Mittagsschlaf gemündet.
269 km vor Ende des Dempster haben wir uns zu einem weiteren Camper, der bereits am Ogilvie Peel Viewpoint stand, dazugesellt und mal wieder „wild“ gecampt. In der Nacht kamen noch ein weiteres Wohnmobil sowie zwei Trucks dazu, die wir aber erst morgens bemerkten.

Hat sich diese Fahrt auf dem Dempster und seiner Verlängerung, die insgesamt 719 km einfach gelohnt, frage ich die Familie. „Auf jeden Fall, wir haben Belugas gesehen“, kommt von Mara, „auch die Natur war ganz toll, es ist nur mega-anstrengend“. „Ich fand die Straße interessant, was völlig anderes, als das, was ich je gesehen habe“. Auch wenn wir nicht die besten Witterungs- und Straßenverhältnisse vorgefunden haben, so haben doch alle einen Eindruck bekommen, wie es sein kann, am Ende der Welt zu leben. Die Bauweise der Häuser auf Stelzen, ca. 60-80 cm hoch, damit Luft unter den Häusern zirkulieren kann und der Permafrost nicht darunter aufweicht. Einen Gemeinschaftskühlschrank hat die Kommune in den Permafrost hineingebaut und so können die großen Vorräte für den Winter dort gelagert werden.
Wiederkommen möchte ich nicht. Nicht, weil ich es nicht als lohnenswert erachten würde, sondern weil ich gerne die Erinnerung, wie es vor 25 Jahren dort aussah, als an den Häusern überall Stockfisch zum Trocknen hing und der Ort deutlich kleiner war, in meinem Herzen behalten möchte. Ich hoffe sehr, dass der Fortschritt behutsam dort Einzug hält und auch die Touristen sich der Verantwortung bewusst sind, was sie mit der Erkundung dieser entlegenen Gegend dem Ort antun können. Man sollte auch etwas Geld da lassen und nicht nur den selbst produzierten Müll. Immerhin 30$ verlangen sie für einen Stellplatz pro Nacht. Das ist der teuerste bisher.

Der Klondike Highway bringt uns nun wieder in Richtung Whitehorse. Unser Tagesziel ist noch unbekannt, aber das ist gerade völlig unerheblich, da das Fahren auf Asphalt ein deutlich angenehmeres ist, als auf der Schotterpiste. Mara und Lucas schauen auf ihren mobilen Endgeräten zuvor heruntergeladene Serien, sodass wenig Konversation betrieben wird. Auch mal ganz okay. Christoph hat Lucas am Steuer abgelöst, der wirklich mit Bravour den Dempster gefahren ist, was viel Konzentration und Aufmerksamkeit benötigte! Auch wenn es mal tüchtig gescheppert hat, manchmal muss man sich eben entscheiden.
Bei Pelly Crossing finden wir einen hässlichen und ungepflegten Campingplatz, nachdem wir Buddy eine ordentliche Dusche an der gegenüberliegenden Tankstelle verpasst haben. Trotzdem ist er noch nicht wieder so sauber, wie er sein könnte. Egal, besser als vorher allemal. Lucas hackt Holz und macht gleich Feuer, Mara erkundigt sich, ob es Wi-Fi gibt und wo wir zahlen müssen. Sie kehrt mit einer guten und einer schlechten Nachricht zurück. Die schlechte: kein Wi-Fi, die gute: wir müssen nichts zahlen und sollen unseren Platz nur aufgeräumt hinterlassen. Ist doch klar! Christoph schmeißt ein paar Mal die Angel in den Fluss und kommt ernüchtert zurück, da auf der anderen Uferseite jemand wild gestikuliert und mit einer Bärenhupe Lärm macht. Er fühlt sich angesprochen und kommt lieber zurück. Schwarz angelt er ja nicht – eine Lizenz hat er sich gekauft für Yukon. Nach dem Essen (Gegrilltem mit Corn [Maiskolben] und Folienkartoffeln mit Sour Creme (saurer Sahne), sitzen wir noch eine Weile am Feuer zusammen und machen Lageplanung. Am nächsten Tag soll es – mal wieder – früh losgehen. Haha! Überschlägig haben wir errechnet, dass wir erst um die 135$ Campinggebühr bezahlt haben, einmal wegen des häufigen „Wild-Campens“, wegen der beiden „geschenkten“ Übernachtungen, weil niemand da war und weil für Yukon von unserem Reiseveranstalter fünf Voucher (spricht sich: Wautscher, Gutscheine) bekommen haben für Übernachtungen in Provincial Parks.

Aurora bei Pelly Crossing. Nur die Kamera hat sie gesehen.

 

Road closed

Das mit dem Generator müssen wir noch mal üben! Keine der Zeiten, zu denen er wie angegeben laufen soll, stimmt. Wir sind also nicht am frühen Morgen aufgestanden, sondern erst als Christoph um kurz vor neun munter wurde. Er wollte trotzdem die Duschräume nutzen, auch wenn es nur kaltes Wasser geben sollte. Aber siehe da, der Generator sprang dann doch an und wir konnten duschen. Diesmal hat es Lucas erwischt: kein warmes Wasser mehr für ihn. Vielleicht werden ja auch die Damenduschen bevorzugt versorgt?

Guten Mutes fahren wir, nachdem alle die Morgentoilette absolviert hatten und die Vorbereitungen zur Abfahrt erledigt waren, Richtung Fähre. Das längliche, orange Schild auf den metallenen Ständern zeigt an: „Road closed“, Straße geschlossen. Straße ist in diesem Fall mit Fähre zu übersetzen.
Die Wartenden hatten natürlich kein anderes Thema und die Offiziellen meinten, dass alles dafür getan werde, die Verbindung in Gang zu bringen.
Wir entschieden uns kurzer Hand die Wartezeit für unser Frühstück und den gesamten Abwasch (auch vom Vorabend) zu nutzen und machten uns Sandwiches und Oatmeal – die einzige Portion heute nur für Mara.
Da es noch eine Weile länger dauern würde, entscheiden wir in den 11 km entfernten Ort Fort McPherson zu fahren, um zu sehen, ob es dort was zu sehen gibt.
Kurz bevor wir los wollen, hält ein Inuvit bei mir an und meinte: „The ferry may open or may not, who am I to say? If you want information hear radiostation 99.9. (Es könnte sein, dass die Fähre öffnet, vielleicht aber auch nicht. Wer bin ich schon, das zu sagen? Wenn ihr Informationen braucht, dann hört den Radiosender 99.9). Ich war sehr froh, ihn überhaupt verstanden zu haben, da er entweder heute Morgen vergessen hat, sein Gebiss in den Mund zu nehmen, oder er nahezu keine Zähne mehr hat, vermutlich ist zweiteres der Fall, und seine Aussprache damit kaum verständlich für mich war. Aber goldig, dass er überhaupt angehalten hat. Ich schätze ihn auf 60 Jahre, sein Aussehen entspricht aber eher einem europäischen Achtzigjährigen.
Auf der Fahrt nach Fort McPherson hören wir über besagtem Radiosender, dass das einzige Hotel vor Ort wenige Kapazitäten hat und alle Zimmer belegt sind. Auch lässt man die Offizielle des Ministeriums für Infrastruktur und Transportation zu Wort kommen, die glaubhaft verspricht, dass alles getan wird, um die Fähre möglichst schnell wieder in Gang zu bringen. Sie sagt auch, dass aufgrund der neuen Straßenverbindung nach Tuk sehr viele Touristen weder vor noch zurück kämen und sie sich ihrer Verantwortung bewusst seien. Wir haben Glück im Unglück, denn die Zeit drängt uns noch nicht. Insgesamt sind wir sehr gut vorangekommen und haben schon ein paar Tage „eingespart“. Leute, die mit dem Auto mal eben nach Tuk und zurück wollten, sind deutlich schlechter dran als wir, da wir unser Wohn- und Schlafzimmer mit rumfahren. Und wer die Nacht dann im Auto verbringen muss ohne Standheizung, na danke!

Im dortigen „Visitorcenter“ von Fort McPherson sitzen vier Inuvit und essen, es mutet nach ihrem Wohnzimmer an, wie Lucas und Christoph berichten. Zwei Supermärkte und eine Tankstelle machen wir noch unsicher und fahren zurück in die Warteschlange. Vollgetankt, erhoffen wir uns, sobald die Fähre es zulässt, den Rest des gesamten Dempster Highway von 539 km heute noch zu fahren. Wer‘s glaubt, wird selig!

Wir stehen gerade also wieder in der Warteschlange. Ich sitze im Fonds und schreibe, Christoph ist mit den Kindern im Wohnmobil und macht „Aufräumtag“. Wir sind zuversichtlich, dass heute noch was geht, denn die Laster mit Schotter gefüllt, fahren hier ein nach dem anderen ran. Allerdings scheint nicht „unsere“ Seite die prekäre zu sein, sondern die gegenüberliegende. Ihr und wir werden es erfahren, wie es weitergeht.

Das Geschirr macht Polterabend

Wir öffnen den Wohn-und Schlafaufsatz und müssen feststellen, dass es ordentlich gepoltert hat da hinten. Die Lebensmitttelschublade hatte sich schon immer mal selbstständig gemacht, aber weiter keinen Schaden angerichtet, außer einer auslaufenden Speiseölflasche. Okay, auch nicht schön, aber lösbar. Jetzt bot sich uns aber ein ganz anderes Bild: in den Schränken haben die Gläser und Teller Party gemacht und sind mords durch die Schränke getanzt! Nicht ohne Folgen: mindestens vier Weingläser und drei Wassergläser haben das Zeitliche gesegnet. Schadensbegrenzung war angezeigt und wir räumten das Chaos erst einmal weg. Wegen der Scherben hielt ich es für angebracht, alles restliche Geschirr abzuspülen. Die aus Glasporzellan gefertigten Geschirrteile wie Schüsseln und Teller haben die Party überstanden. Komisch war nur, dass alle Gläser so standen wie immer!

Dann ran ans Kochen!
Unser Tagesablauf ist seit einigen Tagen extrem verschoben. Wir kommen auch mit zwei Mahlzeiten aus, wenn die Kinder sich ab und an einen Müsliriegel oder ihre heiß geliebten „Oreos“, die nordamerikanische Variante der „Prinzenrolle“ reinpfeifen und Christoph Weingummis naschen kann. Ich halte mich damit zurück, da ich zurzeit Spangenträgerin bin und nichts essen kann, ohne mir danach sofort die Zähne zu putzen. Auch eine Form von Verzicht.
Das Tage zuvor gekaufte und eingefrorene Hackfleisch, ist den Tag über in der Spüle aufgetaut, und wir begannen um 21:30 Uhr mit dem Kochen. Ein typisches deutsches Essen sollte es geben: Frikadellen mit Kartoffelbrei, Erbsen und Möhren. Klingt lecker, gelle? War es auch. Christoph hatte in weiser Voraussicht schon ein paar Brotscheiben im Ofen vorgetrocknet, sodass auch für „trockenes“ Brot und damit „Luftigkeit“ im Frikadellenteig gesorgt war. In Gemeinschaftsarbeit haben wir alles zubereitet und gegessen. Die Aussicht auf eine morgendliche Dusche, wenn der Generator um 6:00 Uhr anspringen und uns wecken würde, ließ uns mit Vorfreude um 23:30 einschlafen.

Trostlosigkeit und fehlende Perspektiven

Wieder in Inuvik zurück, kauft Christoph noch einige Kleinigkeiten ein. Wir anderen drei warten im Wagen und wir haben wohl den allgemeinen „Säufer-Treffpunkt“ angesteuert. Draußen sitzen drei erbarmungswürdige Gestalten auf einer Veranda, sichtlich alkoholisiert und trostlos. Zwei Männer, eine Frau. Die Frau scheint am meisten intus zu haben. Da es in Canada verboten ist öffentlich Alkohol zu trinken, klammert sich die Frau an eine Wasserflasche, der vermutlich mit höherprozentigem als Wasser gefüllt ist. Einer der Männer versteckt den Fusel unter seinem Hemd. Bei genauerem Hinsehen erkennen wir, dass er sich mit „Listerine“, einer Mundspülung zudröhnt. Ein probates Mittel, dass auch durchaus Jugendliche, die noch keinen Alkohol in Deutschland kaufen dürfen, für sich nutzen. Günstig noch dazu.

Kirche von Inuvik - in die jahre gekommen
Hier stellen wir auch fest, dass es einen himmelweiten Unterschied zwischen den Menschen in Inuvik und Tuktoyaktuk gibt. In Inuvik, die Frauen aus dem VC mal ausgenommen, kommen uns die Menschen verwahrlost, ohne Aufgabe und damit perspektivlos vor, egal welchen Alters. Das 3000 einwohner zählende Örtchen hat auch nicht viel zu bieten, wenngleich es sehr wohl Öl- und Gasindustrie gibt. Aber wohl nicht ausreichend Arbeitsplätze. Die Leute haben einen grundtraurigen Blick. In Tuk hingegen begegnen wir fröhlicheren Menschen, die versuchen, mit der neuen Straße und den sich für sie daraus ergebenen Möglichkeiten, umzugehen und sie ins, für die mehr oder weniger neu gegründete Community, Positive zu wandeln. Bestes Beispiel dafür die Frau aus dem VC in Tuk, mit der die Kinder morgens gesprochen hatten. Sie erzählte, dass ihr Großvater Deutscher gewesen sei (Zweiter Weltkrieg) und sie sich darüber amüsiere, warum sie so wie ein „Eskimo“ (ihr Zitat!) aussähe, weil ihr Vater klein und rothaarig war.

Visitor Center von Tuj

Im Widerspruch dazu steht die Aussage des Police Officers, der uns die T-Shirts verkauft hat, dass er unglaublich viel zu tun habe. Manchmal 2 ½ Tage ohne Schlaf. Was denn die hiesigen Probleme seien, fragte ich ihn. „Der Alkohol“. Seit es Alkohol gäbe, hätten die Straftaten zugenommen, häusliche Gewalt, Nachbarschaftsstreitigkeiten mit Waffengewalt, sexuelle Übergriffe, Diebstahl. Trotzdem hätte er seine Dienstzeit hier (er stammt aus Nova Scotia) nach den zwei vertraglich vorgesehenen Jahren und ein weiteres verlängert. Es gefiele im hier. Frau und zwei Kinder habe er. Aber sie wollten ach Nova Scotia zurück und so musste er sich für eine „schlechte“ Dienststelle verpflichten, um dann wieder an eine „gute“ zu kommen.

Als die Beluga-Wale gesichtet wurden, verließ die Dame mit deutschen Wurzeln ihr Büro und kam auf die Klippe, auf der auch wir standen und die Tiere beobachteten. Sie berichtete Mara, wie die Inuvialuit (Mehrzahl von Inuvit) mit gefangenen und geschlachteten Belugas umgingen, dass es für sie immer noch ein besonderes Ritual sei, das Dorf sich versammelt und für das Tier betet, etc. In Tuk leben ca. 900 Menschen und etwa 50 Beluga Wale braucht es, um den Ort und seine Einwohner über den Winter zu bringen. Den zum Trocknen aufgehängten Stockfisch, haben wir hier nicht an den Häusern gesehen. Falsche Zeit oder machen sie es nicht mehr?

Zurück im Visitor Center von Inuvik (es empfiehlt sich immer sie aufzusuchen), mussten wir erfahren, dass die Fährverbindung wieder eingestellt wurde. Zu viel Regen, der den Strom noch reißender und alles Aufschütten von Schotter zur „Befestigung“ von Auf- und Abfahrt sinnlos macht, da es in mir-nichts-dir-nichts vom Fluss wieder mitgerissen wird. Nichtsdestotrotz wollen wir so nah an die Fähre dranfahren wie möglich, in der Hoffnung doch noch übersetzen zu können. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Christoph steuert den Wagen sicher, aber hat dabei seine Augen für Wildlife immer noch offen. Er erspäht einen Biber in einem See rechts von uns und hält an. Zwei Biber sind es sogar, die ihrem Tagwerk nachgehen und mit einem festen Platschter mit der Schwanzflosse auf die Wasseroberfläche abtauchen. Das sieht spaßig aus. Schreiend fliegt ein Weißkopfadler zu seinem Aussichtspunkt in einem weiter entfernt gelegen Baum und ich kann ihn mit dem Fernglas meines Vater, dass ich eigens zu Zwecken der Tierbeobachtung dabei haben wollte hatte, ausmachen. Wieder ein schönes Ereignis. Des Bibers Tagwerk

Mit der Fähre sollte so bleiben. Keine Aussicht, dass es am Abend noch weitergehen würde. Also fahren wir den einen Kilometer zurück an den Campground Nintainlaii und natürlich sind wir wieder so spät dran, dass dort niemand mehr war, wo wir die Nacht vom 25. auf den 26.08. hätten bezahlen können, noch das Geld für die kommende. Also verschieben wir dieses Vorhaben auf den nächsten Tag. Irgendwann muss ja mal jemand da sein. Allerdings begann ich mich zu fragen, ob die nicht-Besetzung des Postens auch etwas mit der fehlenden Flussüberquerung zu tun haben könnte, je nach dem, woher der oder die Mitarbeiter_in herkommt. Ich hatte erwartet, dass der Platz deutlich stärker frequentiert sein würde, da ja diverse andere Reisende auch noch strandeten, aber dem war nicht so. Wir hatten nahezu freie Wahl. Lucas parkt den Wagen, ausnahmsweise mal vorwärts in die Parklücke ein und ließ ihn dann noch rückwärts auf die zum Höhenausgleich nötigen Keile rollen.

Arbeiten an der Fähre

Entschädigung

Entschädigung

Nach einem Pfannkuchen-Frühstück von Christoph zubereitet, machen sich Lucas und Mara auf im VC unser Übernachtungsgeld ($ 30) zu zahlen und zu erkunden, was Tuk so bietet. Sie erfahren, dass es keine „Beluga-Whale-Watching-Tours“ hier gibt, oder andere spektakuläre Ausflüge. Es gibt Grandmas Restaurant, wo man vielleicht einen Burger aus Moschusochsenfleich bekommen könnte oder ein Stück Belugafett probieren dürfte; von dem örtlichen „Pingo“, einem kleinen Hügel hätte man eine Super Aussicht und ein Geschenklädchen gibt es auch.
Die Pingos sind kleine Hügel, die aus dem Zusammenspiel von kleinen unterirdischen Wasservorkommen und Permafrost entstanden sind. Sie kommen immer wieder entlang den ganzen Weg des Inuvik-Tuktoyaktuk-Highway vor.

Während wir das Auto für die Abreise fertig machen:

  • alle Luken dicht?,
  • Pumpe aus?,
  • Warmwasserschalter aus?
  • nichts steht rum?,

 entdecke ich im Wasser was Weißes. Und siehe da: mehrere Beluga Wale scheinen auf Fischfang vor uns unterwegs zu sein. So verschiebt sich unsere Abfahrt um locker eine halbe Stunde, denn so lange können wir die Belugas beobachten. Wir sehen immer nur die Fontänen, die sie ausblasen und den Rücken durchs Wasser gleiten, nie eine Schwanzflosse oder eine Schnauze. Wir sind uns uneinig, wie viele Tiere es sind, Lucas meint zwei große und zwei kleine, ich meine zwei große und vier kleine. gesehen zu haben. Welche schöne Entschädigung für all die „vermissten“ Tiere entlang der Straßen.

Ganz schnell fand sich eine große Menschentraube zusammen, alle wollten das Schauspiel betrachten – auch die Einheimischen kamen gelaufen und gefahren.


Dass Belugawale so weiss sind, war mir nicht bewusst; hell ja, aber so hell? Die Mitarbeiterin vom VC erklärte Mara, dass sie je älter sie werden, umso heller ihre Farbe. Wieder was gelernt.

Wir kaufen noch kurz T-Shirts als Andenken ein, und zwar an der örtlichen Polizeistation:

und schauen uns Tuk von oben an.

Es geht zurück, weg vom Ende der Welt. Hier sitze ich nun in der Library, der Bibliothek und gleich Treffpunkt der Kinder und Jugendlichen von Inuvik.

 

Bis ans Ende der Welt

Weniger problematisch war die zweite Fähre über den McKenzie River, die Arctic Red River Ferry. Das Delta des McKenzie ist das größte Flußdelta in Canada und das zehntgrößte der Welt. Der Fluss zieht sich durch ein Fünftel Canadas und wird in der westlichen Welt nur vom Mississippi und Amazonas im Ausmaß übertroffen. Wir brauchen für die Querung zehn Minuten. Weitere 128 km Hubbelpiste weiter erreichen wir Inuvik und fahren zielstrebig den Visitor Center an. Ein sehr neu angelegtes Touristenbüro, sehr schön ausgestattet und sehr informativ. Inuvik hat sich auch ausgedehnt über die Jahre und profitiert vom immer weiter zunehmenden Tourismus. So ganz exotisch wie vor 25 Jahren ist eine Reise in diese Gegend nicht mehr.
Ich nehme dort meinen Morgenkaffee, kostenlos im Angebot, und brauche so keinen mehr im Camper machen. Wir informieren uns, wo wir waschen, den Wagen tanken, dumpen und mal bisschen sauber „kärchern“ (Dampfstrahler) können und was uns sonst nicht entgehen sollte Den Curling Club, von dem Trish uns wegen des Moschusochsenburgers erzählt hat, kennt hier keiner mehr. Aber die Kirche, wie wir sie in Erinnerung haben, steht noch.


Wir verabreden zuerst mal die Wäsche zu erledigen, da die Maschine und Trockner ja eine Weile laufen und andere Dinge während dieser Zeit erledigt werden können. Im „Laundromat“, der 24 Stunden, 7 Tage (abgekürzt 24/7) zur Benutzung offen ist, kümmern sich Mara und ich um die Wäsche. Lucas und Christoph kümmern sich um das Kleingeld, welches die Automaten schlucken. 5$ zahlen wir in Loonies (1$-Stücke) oder Quarters (25ct.-Stücke) für zwei Wäscheladungen und zwei Trocknereinheiten.
Mara und ich lesen während die Maschinen laufen im Stehen, wir sitzen genug im Auto.
Mit frisch aufgefülltem Wassertank, entleertem Abwassertank, vollem Diesel-Reservoir und frischen Klamotten, machen wir uns um 14:00 Uhr auf den Weg zum örtlichen Supermarkt für ein Frühstück. Wir hoffen, etwas Leckeres zu finden und da es schon recht spät ist, käme uns auch ein ganzes gegrilltes Hühnchen gelegen. Eines fanden wir auch in der Wärmetheke, aber direkt neben dran war Pizza Hut und Kentucky Fried Chicken und die Wahl fiel darauf. Wir bestellten Pizza und ein paar Chicken Wings – und Stripes und warteten auf den Aufruf, unser „frisch“ zubereitetes Essen abholen zu können. Eine kleine Essecke für Besucher war eingerichtet, in dem Konglomerat von Warenhaus mit Quad und Snowmobilen, Kleidung, Spielzeug und Pharmazieprodukten, Fast-Food-Ketten und Lebensmittelsupermarkt.
Mara überkam ein kleiner „Flash“ ob der Andersartigkeit der dortigen Menschen, ihrem Aussehen, ihrer Kleidung (flip-flops und Shorts bei 5°), und dass alles so anders ist, als sie sich vorgestellt hatte. Irgendwie stellte sich ihr das alles viel unfreundlicher vor, auch die Menschen schienen ihr unglücklich. Alles erschien ein wenig trostlos.
Wir bekommen unsere beiden Pizza und die Hühnchenstücke sowie eine kleine Pizza extra. Wir vermuteten das Angebot falsch verstanden zu haben, oder als Zugabe, weil wir recht lange warten mussten. Nichts davon war der Fall: als wir die kleine längst gefuttert haben, kam die Küchenmitarbeiterin und fragte uns nach der Pizza. Tja, sorry, die ist weg. Viel danach brachten wir nicht mehr runter, da so viel Käse drauf war, dass jeder nur 2 Stückchen schaffte. Und so brauchte es nicht lange bis Lucas sagte: „gut, der Rest kommt morgen aufs Pausenbrot“. Der geflügelte Familienspruch für alles, was beim Essen übrig bleibt, egal ob Suppe, Nudeln, Reis oder eben Pizza. J

Wir packen noch ein paar Kilometer drauf, unser vorgebuchtes Kontigent von 4500 km werden wir weit überschreiten, und fahren bis nach Tuktoyaktuk. Auf dem Weg sind einige Wetterstationen oder sonstige Forschungseinrichtungen zu sehen und das McKenzie Delta durchfahren wir bei Bewölkung und auch Regen. Und so bleibt es bis Tuk. Der Campingplatz ist eine Landzunge direkt am Arctic Ocean, es gibt eine Schutzhütte und ein Outhouse (welches sich als schlecht geleertes Dixieklo erweist) sowie Fire Bins und Picknicktische. Da es jedoch ziemlich frisch ist und dazu ein Wind pfeift, ist draußen essen nicht angezeigt.

Christoph versucht erneut sein Weidmanns Glück am Ocean (wer kann schon von sich behaupten, dort geangelt zu haben!?), Mara und ich lesen und zum Abendessen um 21:30 Uhr machen uns eine wärmende Suppe.
Um 23:30 Uhr begeben wir uns in die Falle und hoffen bald einschlafen zu können, denn dunkel wird es später.
Christoph und Lucas sehen nachts noch die Polarlichter, aber sie kommen wenig durch die Wolkendecke und so macht es keinen Sinn sie zu fotografieren.

Dempster, zweite Etappe

Seit seiner Fertigstellung in 1979 ist der Dempster Highway der Roadtrip schlechthin für Weltreisende. Er ist die einzige öffentliche Straße, auf der man den Artic Circle (bei km 403) überqueren kann (zumindest behauptet das der Prospekt aus dem Visitor Center). Es bietet sich eine Szenerie von großzügigen Ausläufern von Tundra und Wildblumen sowie Bergen. Wir erleben schon ein wenig „Indian Summer“ mit goldgelber, rötlicher Färbung von Büschen und Sträuchern. Die einzigartige Landschaft kombiniert mit fehlendem Verkehr, macht das Reisen hier ganz besonders.
Der Regen nimmt ab und die Straße trocknet langsam. Vielleicht stehen unsere Chancen ja doch nicht schlecht bis nach Tuk zu kommen? Natürlich müssen wir auch bedenken, dass der Rückweg gewährleistet bleiben muss, und wir uns dort nicht festfahren, wenn die, wie in Canada üblich, kostenfreie Fährverbindung doch wieder eingestellt wird.
Die Fähre über Peel River ist offen für Fahrzeuge, wie dem unseren erfahren wir in Eagle Plains, wo wir nicht nur tanken, sondern auch die erste Gasflasche auffüllen lassen müssen. Für Zweiteres müssen wir uns etwas gedulden, denn der Mensch mit Lizenz diese zu füllen ist gerade „quite busy“ – sehr beschäftigt.

Einen ganz besonderen Ort erreichen wir bei km 405 des Dempster: Den Artic Cirlce auf 66° N und 33°S. Das muss gefeiert werden und wir schießen einige Familienfotos.

Rein straßentechnisch ist der Zustand nicht besser als vor 25 Jahren, aber es geht – Gerüttel kennen wir ja schon.
Bei km 465 erreichen wir die nördlichste Provinz Canadas, die Northwest Territories und müssen die Uhren um eine weitere Stunde nach vorne stellen. An dieser Grenze haben wir mit der Reisegruppe American Football gespielt, weil es unglaublich kalt war. Heute sind es um die 5°C.

Der Eisbär als Symbol fürs Nummerschild

Die Straßenverhältnisse wurden um Welten besser, immer noch Schotterpiste, aber gut präpariert und nicht so löchrig.
Natürlich sind die Straßen hier auch unglaublichen Witterungsverhältnissen ausgesetzt und nur in den wenigen Sommermonaten sind Ausbesserungsarbeiten überhaupt möglich. Alles was wir hier fahren sind im Winter Eispisten!

An der Fähre angekommen sehen wir, dass die Zufahrt auf die Fähre aufgeschüttet wurde und somit befahrbar ist. Nicht nur das Hochwasser sei das Problem gewesen, sondern auch die Baumstämme, die flußabwärts trieben und sich an der Fähre zu verkeilen drohten. Für alle, die auch einmal herkommen wollen: Die Fährverbindung fährt von morgens 8:15 bis nachts 00:45. Natürlich alles bei nahezu Tageslicht.

Im Nitainlaii Territorial Park fahren wir auf den Campground. Der VC hat schon zu und wir können und dort nicht anmelden, dafür wurden wir aber von einer Zelterin überrascht, die uns sagte, dass das warme Wasser für die Duschen bis 21:00 Uhr durch das Laufen des Generators gewährleistet sei. Wow, warme Duschen? Nix wie hin! Mara und ich haben gleich die Chance genutzt, Lucas nach uns und für ihn war dann leider doch nicht mehr ausreichend warmes Wasser da. Christoph hat den Zeitpunkt ganz verpasst und hat sich warmes Wasser am Camper gemacht und ganz Mann, draußen geduscht.
Auch am Vormittag danach schien der VC nicht besetzt zu sein und so nahmen wir uns vor, auf der Rückfahrt unsere „Camping-Fee“ zu begleichen, nicht zuletzt, weil die „Facilities“ dort so angenehm waren. Alles sogar für Rollstuhlfahrer_innen angelegt.

Doch Dawson

Das Geprassel der Regentropfen auf dem Wagen weckt mich um halb acht. War wohl nix mit frühem Aufstehen. Wie jeden Morgen mache ich zuerst die Wasserpumpe an und stelle Kaffee- und Teewasser auf. Frühstücken wollen wir nicht, da wir gestern erst um 21:00 Uhr zu Abend gegessen hatten. Um – mal wieder – Viertel nach acht sind wir auf der Straße. Es läuft gut bei Regenwetter.
Christoph hat in der Nach eine Planänderung beschlossen und will nun doch heute nach Dawson City, der Goldgräberstadt schlechthin. Das freut mich, denn die sollten die Kinder doch unbedingt sehen! Nirgendwo anders kann man dieses Gefühl, wie es damals zugegangen sein muss, für mein Dafürhalten besser nachempfinden.

Gerade eben biegen wir bei 7°C und Regen in den Campground „Mousse Creek“ ein und alte Erinnerungen werden wach. Hier hat Christoph für die ganze Reisegruppe von damals Lachssteaks gebraten und seine „Geheimsoße“ dazu gemacht. Ein Festessen! Lucas schießt kurz ein Beweisfoto und wir geben unseren Plan, hier Frühstück zu machen, auf und fahren weiter.
Das Beweisfoto entspricht leider nicht einer veröffentlichungswürdigen Qualität.

 Hier sitze ich nun im VC während Mara versucht einen Rückflug für sich zu organisieren, Christoph und Lucas das Schmutzwasser (grey water) loswerden und ich die Einträge bearbeite und veröffentliche.
Natürlich hat sich der Ort innerhalb der letzten 25 Jahre verändert und mein erstes Gefühl sagt mir, dass dies mit Umsicht geschehen ist. Touristenströme laufen durch den Ort,  aber die angepasste Infrastruktur scheint das nicht zu belasten.
Wir erfahren auch, dass wir den Dempster Highway nicht druchgängig fahren können; warum, weiß ich noch nicht, aber wir werden sehen, was auf uns zukommt.

Hinweis es könnte sein, dass ich ein wenig mit den Daten durcheinander gekommen bin. Aber da Ihr ja alle so schlau seid, kommt ihr schon klar. Liebste Grüße aus Dawson City senden CCLM.

Finally free

Weil wir einen 4-Wheel-Drive haben (4-Rad-Antrieb), gehören wir zu den ersten, die die Fähre nutzen dürfen. Für Trucks oder andere Fahrzeuge ist sie noch nicht freigegeben und wir wissen schnell, warum: an der gegenüberliegenden Seite wurde die „Landing Area“, die Rampe zur Auf- und Abfahrt neu in den Fluss aufgeschüttet. Auf der bereits fahrenden Fähre bietet sich uns ein Bild, das kurz skeptisch werden lässt. Wir werden in ein mit Schotter umrandetes „Becken“ von der Fähre abfahren. Wir sind sicher, dass die Leute schon wissen, was sie uns zumuten. Es ist 14:35 Uhr, wir haben also gute viereinhalb Stunden gewartet. Es hätte schlimmer kommen können.

Da soll es durch gehen?
Lucas wird von der Mitarbeiterin als Erster von der Fähre runter genauestens navigiert und so erreichen wir sicher das andere Ufer. Dort ruft uns ein Farbiger voller Freude zu: „Finally Free“! Das finden wir situationsbedingt sehr lustig!
Eine sächsische Familie nach uns, auch mit Camper unterwegs, fragt in dem unverkennbaren Dialekt, ob alles in Ordnung sei. Die Frau ist sichtlich erleichtert, sie freut sich alles auf Video zu haben! „Wir haben’s geschafft“, ruft sie zwei Mal glücklich aus und fährt fort: „ich dachte, das überleb‘ ich nicht“. Naja, sie scheint zu Übertreibung zu neigen oder hat wenig Gottvertrauen. Mit einem „Yuppi-Ausruf“ und heftigem Gewackel auf ihrem Vordersitz verabschiedet sie sich von uns. Wir schauen uns an und haben alle ein breites Grinsen im Gesicht.

Der Dempster

„Vergessen Sie alles, was Sie je über den Dempster Highway gehört haben – er ist eine gut ausgebaute Straße“, verspricht der Reiseführer. Also gut, in meiner Vorstellung müsste das dann eine bessere Straße sein als 1993. Weit gefehlt! Die ersten 72 km bis zum Tombstone Campground präsentiert sich der Dempster in keinesfalls besserem Zustand, als damals. Schlaglöcher-durchsät und rutschig-nass, lenkt Mara den Big Buddy gen Norden und wir brauchen dafür 1,5 Std.
Auf dem hoch frequentierten Campground nehmen wir einen Stellplatz, der eigentlich Gruppen vorbehalten ist, jedoch nach 7:00 p.m. für andere Nutzer freigegeben ist.
Der Wagen sieht aus „wie Sau“ von dem Matsch des Dempster.

Es gibt einen großen „Gemeinschaftsraum“, in dem ein Ofen brennt, die „Fenster“ mit Folie abgespannt sind, und die hartgesottenen Camper und Wanderer, die nur mit Zelt und Auto unterwegs sind, zum Aufwärmen und dort Kochen einlädt.
An der Einfahrt erblicken wir das Warnschild zu Bären und Wölfen und beschließen nachts besser nicht das „Outhouse“, das Plumpsklo, für das kleine Geschäft aufzusuchen. Das muss im Gebüsch erledigt werden, sofern überhaupt nötig.

Nach einem ersten Bier gegen den Durst, dem Fisch für Christoph und mich (L&M sind keine Fisch-Liebhaber!) und einem gut wärmenden Eintopf, den unser Chef wieder vorgekocht hatte, beschließen wir eine Runde Kniffel im Gemeinschaftshaus zu spielen, da das Lagerfeuer zwar wärmte, aber wir im Regen sitzen müssten.
Dort angekommen, fanden wir drei Tische vor, zwei davon belegt und einer dreckig. Irgendwelche Vorgänger haben nicht sauber gemacht, überall noch Reis und Soßenreste, und das ist höchst unerfreulich, wenn alle die Warnhinweise befolgen, um zu vermeiden, dass Bären oder Wölfe angelockt werden, und dann einzelne sich wie „die Axt im Walde“ verhalten.
Eine Gruppe zusammengewürfelter Amerikaner gaben lautstark mit all den tollen Hikes (Wanderungen), die sie schon sonst wo auf der Welt unternommen hatten an, und übertrafen sich damit gegenseitig. Das ist toll und auch beneidenswert, aber warum so laut?
Am zweiten Tisch saßen zwei Frauen und ein Mann vertieft in Buch und E-Book-Reader. Von ihnen kein Mucks, vermutlich eingeschüchtert durch die gerade beschriebene Truppe.

Nun, geräuscharm waren wir aber sicher auch nicht mit dem Würfelbecher und den fünf darin befindlichen Würfeln, die man zum Kniffeln eben braucht. Mara freut sich still über den gewürfelten Kniffel (alle Würfel zeigen die gleiche Anzahl Augen), was ihr den Sieg der ersten Runde beschert. Ich murmele nur: „die Letzten werden die Ersten sein“ und bestätige dies in der zweiten Runde, die wir dann im Camper gespielt haben, indem ich selbst einen Kniffel schaffte, der meist den Sieg bedeutet, wenn man der oder die einzige Spieler_in bleibt, die es schafft.
Noch erwähnenswert ist die dritte „Reisegruppe“, die ihren Weg in die Grillhütte fand. Zunächst kam einzelner Chinese und ließ sich vom hilfsbereiten Californier erklären, wie man die Camp-Zettel ausfüllt. Als er zurückkam, hatte er Frau und Tochter im Schlepptau. Seine Frau trug am linken Arm ihr Markenhandtäschchen, was hier so deplatziert war, dass ich alle Kraft zusammennehmen musste, um nicht los zu prusten. Nicht viel besser die Tochter, die in wenig den Umständen angepasster Kleidung sich an den Tisch setze und sofort die Ohrstöpsel in die Ohren fummelte. Mara meinte nur: „so hat die sich sicher den Urlaub vorgestellt“. Sie haben sich eine chinesische Fertigsuppe aufgebrüht.

Wir beschließen den Abend mit Rotwein, Lucas mit Whiskey Ginger und Mara mit Ginger Ale, begeben uns in die schnell gemachten Betten, werfen die Standheizung an und kuscheln uns in die mitgebrachten Schlafsäcke (außer mir, mir reicht die Decke). Frühes Losfahren ist mal wieder der Plan für den kommenden Tag.

Stimmungsschwankungen

Schon vor Reisebeginn hatte ich mir darüber Gedanken gemacht, dass die Qualität der Reise im Vergleich zu 2014 eine andere sei würde. Selten sind wir überhaupt noch zu viert zusammen, alle sind erwachsen und haben ihre eigenen Vorstellungen. Seit Christoph auch wieder die Woche über in Köln sein muss, haben auch wir nur noch wenig Zeit miteinander.
Nach dem Intermezzo an der Tankstelle, zeichnet sich Mara durch die höchste soziale Kompetenz aus und spricht an, was alle irgendwie belastet und nervt. Wir kommunizieren nicht richtig! Also beschließen wir, dass jeder seine Wünsche genauer äußern soll, und nicht unterstellt, dass alle anderen hellseherische Fähigkeiten haben und „schon wissen“. Auch Alleingänge mit Entscheidungen, die alle betreffen, sollen nicht mehr sein.

Doppel D: Dawson und der Dempster

Zurzeit ist die Fährverbindung über den Peel River gesperrt wegen Hochwassers. Wenn diese Verbindung nicht geöffnet wird, müssen wir unseren Plan, nach Tuktuyaktuk (kurz Tuk) zu fahren, aufgeben. Aber nicht schon heute. Die Wettervorhersage macht uns Mut, denn es soll wieder etwas sonniger und regenarmer werden.
Wir beschließen, es zu versuchen und verlassen Dawson City, um auf den Dempster Highway zu fahren. Rechts lassen wir noch eine Tankstelle am Ortsausgang liegen, was sich als Fehler herausstellen sollte. Christoph wollte die Tankstelle am Eingang zum Highway nutzen und dort volltanken.
Dass eine Tankstelle, die AFD heißt, für uns nicht funktionieren wollte, hätten wir voraussehen können. Nein, natürlich nicht, aber wir mussten zurück nach Dawson, also 80 km on-top.
An der unbemannten Tankstelle sollte man mit Kreditkarte zahlen. Soweit nicht ungewöhnlich. Da ich der Tankwart der Reisegruppe bin, machte ich mich auf, im Häuschen die Kreditkarte in den Automaten zu stecken und die weiteren Anweisungen der Maschine entgegen zu nehmen. Es wollte einfach nicht klappen, jeder wusste es irgendwie besser und wir entluden unseren Frust darüber in weniger freundlichem Ton. Was soll’s – nützt nix, zurück nach Dawson.

Nix, außer Poop!

Ausgeschlafen stehen die nächsten vier Stunden auf der einsamen Piste an. Viertel nach acht scheint wohl unsere Startzeit zu werden.
Christoph entdeckt ein „Squirell“, das hoch oben im Baum sitzt und ob unserer Anwesenheit sich fürchterlich aufregt. Nach kurzem Gewöhnungsprozess fährt es mit seiner Arbeit, Tannenzapfen vom Baum zu pflücken und herunter zu schmeißen, fort. Christoph und Lucas erwischen es mit der Kamera.

Klettermeister

Die weitere Strecke führt uns über die Baumgrenze, durch Borealen Wald, der in Tundra übergeht und wieder durch Kornifärenwälder. Trotz intensiver Ausschau, sehen wir keine Wildtiere und sind irgendwie enttäuscht. Wir stellen fest, dass wir in 2014 wohl extrem viel Glück hatten mit der Anzahl der Tiere, die wir damals gesehen hatten

Nach etwa einer Stunde Fahrt machen wir Halt auf einer Brücke und Christoph wirft die Angel aus. Recht schnell fängt er die erste Forelle, die jetzt ausgenommen im Kühlschrank auf ihre Zubereitung wartet. Eine zweite ließ sich nicht überzeugen anzubeißen.
Mehrfach fahren wir an Poop, Hinterlassenschaften von Karibus oder Elchen? vorbei, aber kein Tier wollte sich zeigen.
Am Lapie River und gleichnamigen Canyon haben wir abermals genug von der Durchschüttelei und fahren in den Campingplatz, um zu frühstücken, um 13:00 Uhr. Während Chef Christoph (Chef heißen hier die Köche, also bitte nicht falsch einordnen!) Eier mit Speck für uns zubereitet, freundet sich Lucas mit einem weiteren Eichhörnchen an. Es hüpft auf dem Tisch herum, über Maras Buch und ist wenig scheu. Sein Interesse gilt aber in erster Linie der Tüte mit dem Brot und die Kinder lassen zu, dass es am Plastik knabbern darf. Trish nannte die Tier Ratten mit einem buschigen Schwanz. Dieser Einschätzung können wir uns zwar nicht anschließen, aber dass das Tier an unserer Brottüte knabbert, fand auch ich nicht angebracht.

Lucas kann sich nicht zurück halten und legt dem neu gewonnenen Freund dann doch ein paar Brotkrumen hin, die es sich holt, als wir unseren Verdauungsspaziergang auf dem Wanderweg in den Canyon hinunter machen. Christoph „bewaffnet“ mit Angel, Lucas mit Kamera.
Mir ist irgendwie unwohl, an einem lauten Fluss durch den Wald, wenn auch auf einem angelegten Wanderweg laufend, einem Wildtier (Bär oder was auch immer) zu begegnen, war keine berauschende Aussicht. Ich werde immer ängstlicher, das ärgert mich!

Nach einer guten Pause begeben wir uns auf die Weiterfahrt. Etwa 10% der Canol Road liegt noch vor uns. Das ist überschaubar.
Angekommen auf dem Robert Campbell Highway, den wir ursprünglich nehmen wollten, genießen wir die asphaltierte Straße, die nur ab und zu „Gravel“-Abschnitte hat. Da alle außer mir schon müde sind, übernehme ich das Steuer. Es dauert nicht lange und wir treffen auf den Yukon, den Fluss, der Namensgeber für die Provinz, durch die wir fahren, ist. Der größte Teil des Yukon fließt durch Alaska.
Vorbei an den Five Finger Rapids, die wir 1993 auch mit unserer Reisegruppe bestaunt haben, fahren wir bis Carmacks, um erneut zu tanken. Diesmal 120 Liter Diesel.
Der Klondike Highway (#2) ist nun die Straße der Wahl. Wer die Bücher von Jack London gelesen hat, dem kommt dieser Name bekannt vor. Die Straße der Abenteuerlustigen, die der Verlockung des Goldes verfallen waren. Am Tachtun Campground schlagen wir unser Lager auf. Am kommenden Tag wollten wir wieder so weit fahren, wie möglich und entsprechend früh aufstehen.
Ich verlasse das familiäre Campfire um 22:10Uhr, weil mich die Mücken erneut zu beißen beginnen. Der Rest der Familie kniffelt noch.

Wenn die Straße Abenteuer ist

Die Canol Road sollte unsere Umfahrung der Waldbrände sein. Sie führt von Johnsons Crossing nach Ross River über eine 230 km lange Schotterpiste. Keine Services auf der Strecke werden wir gewarnt. Kein Problem, vorgesorgt hatten wir entsprechend. Vollgetankt, eingekauft.
Etwas mulmig wurde mir aber doch beim Anblick der Straße, auf der man bei guten Wetterverhältnissen angeblich mit 60 km/h entlang brettern kann. Vielleicht konnte man das mal, den die Straße ist gespickt mit Schlaglöchern und Querrillen, die den Wagen und uns durchschütteln. Lucas steuert sicher um die Löcher und passt das Tempo den Gegebenheiten an. Er meldet „40 km pro Stunde“ und korrigiert sich nur wenig später auf 30 km/h. Na das kann was werden. Unser „Big Buddy“ wie unser Ford Heavy Duty nun getauft wurde, meistern Steigungen und Gefälle mit Bravour. Besonders bei den Gefällen helfen die zuschaltbaren Motor- und Getriebebremsen, den Schub des Wagens in Schach zu halten.

Die Caol Road wurde 1943 als Versorgungsstrecke von der Armee und den von ihr beauftragten Unternehmen gebaut und ist heutzutage nur während der Sommermonate befahrbar. Sie cverläuft durch die Gebiete der Kaska und Tlingit First Nations, wie die Ureinwohner hier genannt werden.
Wir erhoffen uns, da wir scheinbar völlig allein diese Straße nutzen (insgesamt 3 Fahrzeuge auf der gesamten Strecke) viel Wildlife zu sehen. Aber nein, heute erfreuen wir uns schon an ein paar Vögeln, Ornithologen mögen uns verzeihen.
Nach zwei Stunden und ca. einem Drittel der Gesamt-„Rüttelpiste“ erreichen wir die Südspitze des Quiet Lake und den dortigen Campground. Hier verbringen wir die Nacht. Niemand außer uns ist dort und wir haben freie Platzwahl – klar, wieder am Wasser, wo sonst?
Die Schilder, die am Straßenrand über die Möglichkeit der Waldbrandgefahr Auskunft geben, zeigen Low, also „gering“ an und so dürfen endlich Lagerfeuer im dafür vorgesehenen Camp Fire Bin (dem Eisenring, der am jedem Platz dafür bereitsteht) machen. Heute wird gegrillt.

Schilder, nichts als Schilder - von überall auf der Welt

Heute starten wir nach einem Oatmeal-Frühstück und Cheerios Richtung Watson Lake, klar, immer weiter gen Norden um Viertel nach acht. In Watson Lake wollen wir einkaufen, uns den Schilderwald am Visitorcenter (VC) anschauen und mal wieder ins Internet gehen. Inzwischen habe ich auch einige Zeilen geschrieben und das sollte veröffentlich werden.

Tatsächlich hat Mara Lucas und mich mit „ihrem“ Oatmeal angesteckt. Es sind nichts weiter als feine Haferflocken, mit heißem Wasser aufgebrüht, quellen gelassen und verfeinert mit frischen Früchten wie Banane, Blaubeeren und Nektarinen, kurz gesagt, was der Kühlschrank dazu hergibt. Christoph reichen ein paar Cheerios (auch aus dem Versorgungsregal an der Vermietstation) mit Milch.

In der Nacht hat uns der Wind einigen Ruß ins Auto geweht, und zwar so, dass sogar unser Toilettendeckel voll davon war. Weit können die Brände nicht sein.
Das „Bad“ übrigens nutzen wir nach wie vor nur zum Zähneputzen.

Der Sign Forest von Watson Lake wächst und wächst. Es ist interessant, woher die Menschen die Schilder alle mitbringen, viele davon deutsche Ortsschilder. Wie groß muss der Wunsch sein, sich dort zu verewigen und ein Schild den ganzen weiten Weg von zu Hause mitzubringen?
Am VC werden wir nicht nur freundlich empfangen, sondern müssen am Aushang erfahren, dass die von uns angedachte Route wegen Waldbränden nicht befahrbar ist. Die Straße ist geschlossen. Da hilft auch nicht mal eben vorbei fahren und schauen. Nee. Is nich. Lass es.
Da auch eine der Hauptverbindungen, der Alaska Highway, betroffen ist, warten viele Leute am VC bis es eine offizielle Freigabe der Strecke gibt, wenn man nicht umfahren kann, so wie wir. Gegebenenfalls müssen sie dort eine Nacht verbringen. Christoph lässt sich beraten und erfährt von einer Alternative, die wohl noch etwas abenteuerlicher ist, als die angedachte. Auf dieser Route sei sonst kaum jemand unterwegs, mal sehen, ob dies heute anders ist, da wir nicht alleine unterwegs sind und sicher viele die Umfahrung nutzen werden.

Während Mara, Lucas und ich das Internet nutzen, kauft Christoph ein. Wir verbringen ca. eine Stunde mit Visitorcenter in einem eiskalt runtergekühlten Raum. Ich sitze da kurzärmelig und mit Röckchen und fange an zu frieren. Da Christoph mit dem Wagen weg ist, kann ich auch nicht kurz meine Jacke holen. Bloß nicht erkälten!

Meziadin Lake bis Salmon Glacier (British Columbia)

Heute steht das Ziel fest. Wir wollen nach Alaska! In Meziadin Lake beginnt die Stichstraße #37a Richtung Stewart (nördlichstes Bristish Columbia) und Hyder (südlichstes Alaska). Laut Reiseführer ist „die Fahrt dorthin und der Salmon Glacier bei Hyder, zu dem Besten, was diese Region den Besucher_innen zu bieten hat“.
Die Straßenverhältnisse sind sehr gut. Alles asphaltiert und breit, sodass man mit dem Gegenverkehr – auch wenn es ein voll beladener Holztruck ist – auch bei 90 bis 100 km/h klarkommt. Nichtsdestotrotz empfiehlt es sich in der Straßenmitte zu fahren, um nicht Bekanntschaft mit der „Softshoulder“ zu machen, der Böschung, die schnell abfällt. Der sehr überschaubare Gegenverkehr lässt das gut zu; es ist wenig los.
Auch haben wir Glück, dass es kaum Baustellen gibt, die mitunter langes Warten erfordern, wenn nur einspurig gefahren werden kann. Bei großen, uneinsehbaren Baustellenabschnitten wartet man auf das „Pilotcar“, das den freigegebenen Streckenabschnitt vorfährt, damit niemand meint, eigenmächtig in die Baustelle fahren zu können.
Die „Ortschaften“ wie Dease Lake, Iskut und Good Hope Lake sind eher Versorgungszentren und Tankstellen und nicht besonders erwähnenswert. Die Straße #37a führt durch eine grandiose Landschaft: der blauschimmernde Gletscher (Bear Glacier) und Wasserfälle begleiten uns. Entlang des Bear River (und es wird wieder klar, wie schön es ist, dass alle die vorbeiziehende Landschaft durch das Fenster erleben können und nicht nur die beiden, die gerade das Glück haben vorne zu sitzen, wie in anderen Campermobilen) durchfahren wir einen malerischen Canyon. Nach ca. 70 km erreichen wir Stewart und halten zunächst am Visitor Center, um mal ins Internet zu kommen. Tja, gibt gerade keins bei ihr, erklärte die freundliche Mitarbeiterin, aber drüben in der Bakery oder im Hotel. Als digital-Junkies sind Mara und ich die Ersten bei den genannten Adressen. Mara wartet noch auf Nachricht aus dem Uni-Portal der Goethe-Uni in Frankfurt (und auf viele andere Nachrichten aus dem Freundeskreis), ich wollte mal schnell ein Lebenszeichen an meinen Bruder Claus, zur Weiterleitung an die Mutter, senden – und sonstige „Digitalpost“ erledigen. Bei herrlichem Wetter sitzen wir auf der Gäste-Bank vor der Bäckerei und geben bestimmt ein lustiges Bild ab. Vier Erwachsene, alles die Handys in der Hand

Christoph erreicht eine Nachricht aus der Firma, die ihn den gesamten Tag noch umtreibt und nachts nicht gut schlafen lässt.

Wir machen uns weiter Richtung Alaska. Nun die Grenze ist eine ganz natürliche und die US-Behörden kontrollieren hier nicht! Ja, richtig, sie kontrollieren nicht - denn du kannst sonst auch nirgends hin. USA endet sozusagen am Salmon Glacier, bzw. etwas weiter hinten dran. Lucas steuert den Buddy auf der abenteuerlichen Gravleroad (Schotterpiste) sicher nach oben. Der Wagen klettert die knapp 1000 Meter katzengleich hinauf. Wer in Stewart ist und dort nicht hinfährt, ist selber schuld. Ein atemberaubender Gletscher empfängt uns bei schönstem Sonnenschein.

Wir entscheiden uns, die Nscaht hier oben bei Bear Man zu verbringen. Ein Aussteiger, der seit Jahren Bären beobachtet, täglich 10-12 km wandert, um sie zu finden und tzu fotografieren. Sein Name: Keith Scott. Er ist sehr freundlich (will auch sein Buch pder DVD verkaufen - aber nicht deswegen!) und gibt gerne Auskunft zu allerlei fragen.

Diverse ander Besucher treibt es den Weg hinauf, auch einen Schweizer, zu erkennen am Züricher Autokennzeichen, der aus seinem Fahrzeug aussteigt und zwei Mal das Schei..-Worte murmelt. Wir sehen dann, dass sein Hinterrad kaputt ist. Lucas hilft ihm kurz beim Reparieren, Ersatz hat er dabei. Seine Felge hat es erwischt und da er sich auf Weltreise befindet, muss er nach Vancouver zum VW Dealer zurück, um eine neue Felge zu bestellen, die vermutlich aus Deutschland kommen muss, da der T5 nicht inUSA/Canada verkauft wird.

Nachts wird es ruhiger oben und wir schlafen wieder mit Standheizung, diesmal nur auf 10°C eingestellt.

Für die Nacht hatten wir uns den Wecker auf 3:00 Uhr gestellt, um zu schauen, ob wir Nordlichter würden sehen können. Und ja, haben wir. Hier der Beweis.

 

Wenn man eine Reise tut ...

Inzwischen sitze ich „meiner Zeit“ 00:58 am nächsten Gate zum Weiterflug nach Whitehorse.
Ich erhalte WhatApp-Nachrichten aus der Familiengruppe, als wäre ich zu Hause. Lucas hat schon ein Bild unseres Truckcampers geschickt, Mara teilte mit, eine Maschine um 14.25 Uhr Ortszeit bekommen zu haben. Lucas muss uns in Etappen am Flughafen, der recht übersichtlich ist, abholen. Eine Nacht noch, dann kommt Christoph nach und das zweite Familienabenteuer durch Canada kann beginnen (naja, eigentlich hat es das ja schon!).

An der Sicherheitskontrolle in Frankfurt habe ich neue Dimensionen erreicht: mein Laptop wurde auf Sprengstoff untersucht, ha! Meins?! Mit irgendeinem Läppchen strich der Sicherheitsbeamte mehrfach über den Rechner, las den Streifen dann in ein Gerät ein und dies spukte meinen Rechner als „sauber“ aus. Was für ´ne Technik.

Der neunstündige Flug war recht angenehm (Kapitän Peter Weise hat mit Crew einen guten Job gemacht!), ich hatte einen Fensterplatz und machte es mir dort bequem. Mit meinem rauschunterdrückenden Kopfhörer habe ich mir in Ruhe zwei Filme angesehen und sogar fast zwei Stunden geschlafen. Wenn ich diese Kopfhörer abgesetzt habe, war es richtig laut im Flugzeug. Tolles Ding!

Mein Trinkflasche habe ich freundlicher Weise für das Reinigungspersonal des Flugzeugs da gelassen, könnte sie hier jetzt gut gebrauchen, aber Money „makes the world go around“ und so werde ich mir was zu trinken kaufen gehen.

Vancouver hat uns mit etwas Bewölkung, aber 22°C erwartet und trotz Klimatisierung des gesamten Flughafens ist es ordentlich warm. Es ist schon gleich zu spüren, wie anders die Menschen hier drauf sind. Kein Gemecker oder Besserwisserreien in Warteschlangen, kein unfreundliches Gesicht oder Wort. Nölende und reisegestresste Kinder werden von ihren auch gestressten Eltern nicht angemeckert, sondern mit bestimmt-liebevoller Art, zu dem gebracht, was sie machen sollen.
Und wo ich das schreibe, beobachte ich eine Oma, die ihrem Ausreißer-Enkel beim Wiedereinfangen eins auf den Hinterkopf wischt.

Mein Flug nach Whitehorse hat Verspätung und ich merke gerade rechtzeitig, dass das Gate geändert wurde, und ich mich dorthin bewegen sollte. Zwar stand immer noch Whitehorse dran, aber nicht die richtige Flugnummer.
Sicher am richtigen Flugsteig angekommen, ging es dann auch bald weiter.
Im Vergleich zu der 747-400 stieg ich dann in ein Mini-Flugzeug und befand mich neben einem gesprächigen Fluggast, der mich zu Frau Merkel und der politischen Lage in Deutschland ausfragen wollte. Recht schnell merkte er aber, dass ich Schlaf brauchte und ließ mich in Ruhe. Mit 1 ½ Std. Verspätung kam ich in Whitehorse an und die Kinder warteten schon auf mich am Kofferband um 22:05. Sie amüsierten sich über meine, für mich durchaus als salonfähig eingestufte „Jogginghose“ als Reiseoutfit, haben es mich aber sooo nicht direkt spüren lassen.

Takhini Campgroud, ca. 16 km von Yukons Hauptstadt entfernt war unser Ziel für die Nacht. Die Kinder hatten einen schönen Platz ausgesucht und am nächsten Tag sollte es in die ersten Hotsprings (heißen Quellen) gehen. Hm, Mist, Badeanzug vergessen.

Red Goat Lodge bis Boya Lake

Meistens wachen wir so gegen sieben/acht Uhr auf. Da wir heute nur wenig fahren wollen, können wir in aller Ruhe den Tag beginnen und frühstücken draußen am Picknicktisch Toast mit Cream Cheese und Marmelade und was sonst so im Angebot ist. Kaffee, für mich überlebenswichtig am Morgen, brühe ich auf ganz die klassische Art mit dem Filter über der Thermoskanne auf. Das Kaffeepulver habe ich aus Deutschland mitgebracht, hier nicht der Qual der Wahl zu erliegen und dann doch nicht den richtigen Kaffee zu finden. Ob das eine Pfund jedoch ausreicht, bleibt abzuwarten. Leute, trinkt Tee! Ist doch eh gesünder!
Die fünf Enten, die wir vom Tisch aus beobachten können, verständigen sich mit Lauten, die einem Gekicher gleichen, was uns natürlich zum Lachen bringt. Wir besprechen kurz die möglichen Speisen für die kommenden Tage, denn nach Boya Lake, unserem heutigen Ziel, werden wir uns für einige Tage eindecken müssen, wenn es auf dem Highway #4, dem Robert Campbell Highway mit wenigen Versorgungsstellen, weiter Richtung Norden gehen soll.
Auf der Fahrt schreibt unser Chefkoch den Einkaufzettel, vielfach geäußerte Wünsche von einzelnen Mitreisenden finden auch Berücksichtigung und so fühlen wir uns gut gerüstet.

Nach 2,5 Stunden Fahrt (Mara lenkt sicher den Wagen über die Pisten) durch die ach so schöne Landschaft, über diverse Brücken, entlang an Flüssen und Creeks, die, egal wie klein sie auch sind, alle einen Namen haben, entern wir den Boya Lake Provincial Park. Das Wasser des Sees leuchtet in den schönsten türkisfarbenen Schattierungen für uns, und Christoph lässt sich hinreißen zu sagen: „Schaut her, Kroatien in Canada“. Wir suchen uns einen schönen Platz für den Camper, und da es noch einen schöneren geben könnte, laufen wir den Park noch ab und finden einen Platz, mit „eigenem“ Zugang zum Wasser. So, so schön!

Aus dem Reiseführer war uns bekannt, dass man hier Kanus leihen kann und so machten sich Mara und Lucas auf, sich eines zu mieten. Und das funktioniert so: an der verwaisten Leihstation nimmt man sich einen Briefumschlag, legt die 20$ für zwei Stunden rein, schnappt sich Kanu und Schwimmweste und paddelt los, Lucas natürlich nie ohne seine Kamera! Sie hatten ihren Spaß und wir haben die Zeit am Seeufer in der Sonne ausgeruht.

Das Geld wirft man in Schlitz an dem gleichen Kasten, wie die Gebühr für die Übernachtung (20$).
Für alle, die nicht wissen, wie man die Gebühr in den staatlichen Plätzen entrichtet: Am Parkeingang gibt es Umschläge, auf denen man seine Daten, wie Name und Nummernschild sowie eine Notfall-Rufnummer und natürlich die Platznummer einträgt. Zum Abreißen ist an diesen Umschlägen ein weiterer Abschnitt, der ebenfalls ausgefüllt wird und nach dem Abtrennen an den Pfosten zum dazugehörigen Stellplatz klemmt. Das Rangerpersonal kommt abends, oder sonst wann vorbei, und prüft, ob alles seine Richtigkeit hat.

Während Lucas und Mara noch auf dem Wasser unterwegs waren, bekamen wir Nachbarn. Recht schnell stellte sich heraus, dass sie von Vancouver Island aus Nanaimo stammen. Da kamen Erinnerungen an 2014 auf. Sie freuten sich, dass wir ihren Heimatort kennen und luden uns ein, bei Ihnen ein Schwätzchen zu halten. Beide sind schon „retired“, also berentet und genießen ihr Leben mit Reisen. Sie würde bald drei Tage in Frankfurt sein, auf der Durchreise nach Aserbaidschan. Wow! Cliff and Trish. Es stellt sich heraus, dass sie ebenfalls das gleiche Reiseziel wie wir haben. Toktuyaktuk am arktischen Meer. Trish (abgekürzt von Patricia) empfiehlt uns noch in Inuvik an der Curlingclub unbedingt einen Moschusochsen-Burger zu essen. Hört sich gut an – machen wir.

Die Kinder (sie bleiben es, egal wie alt sie sind) und ich sind noch den 1,5 km langen, angelegten Wanderweg gelaufen und haben den See von anderen Perspektiven aus genossen.

Zu Abend gab es für Christoph und mich die Forelle zur Vorspeise und danach – wir gierten irgendwie alle schon danach – Spaghetti mit dem von Christoph vor einigen Tagen vorgekochten Sugo. Lecker. Nach ein paar Gläschen Rotwein ging es für uns schon gegen 21:00 Uhr ins „Heiabett“.

Bye bye, Alaska!

Zurück in Hyder, dem Ort, zu dem es keine weitere Verbindung nach Alaska gibt, machen wir (erneut) Halt am Tongass National Forest und begeben uns nochmals auf Ausschau nach Bären, die hier angeblich in großer Zahl vorkommen sollen.

Tags zuvor hatten wir uns 3-Tages-Tickets gekauft, 2-Tages-Tickets, wie für uns sinnvoller, gab es nicht. 44 $ kostete uns das. Hier erwartete uns ein Naturschauspiel der besonderen Art: im flachen Wasser des Fish Creek (der Name ist Programm!), steigen die Lachse bergaufwärts an ihre Laichplätze, die Orte ihrer Geburt, um dort selbst zu laichen und dann zu sterben. Der ideale Ort für hungrige Bären, die hier leichtes Spiel mit dem Fangen von Lachsen haben. Der Ranger klärt uns über die beiden im Fluss vorkommenden Lachsarten auf und darüber, wie die Weibchen und Männchen bei der Vermehrung dabei vorgehen: die Weibchen machen Kuhlen in den Boden und legen dort mit einer Drehung des gesamten Körpers um 180° ihre Eier ab. Die Männchen warten schon, beißen zum Teil auch Gegner weg, und befruchten dann die Eier.
Der Fluss war schon voll von toten Lachsen, die ihrer Bestimmung entweder schon Rechnung getragen hatten, oder schlichtweg die Reise nicht überlebt haben und aufgrund von Erschöpfung gestorben sind.

Tatsächlich hatten wir Glück! Von der Aussichtsplattform aus, konnten wir einen Schwarzbären beobachten, wie er im Gebüsch Beeren von den Sträuchern ableckt. Es dauerte nicht lange und er verschwand im Unterholz. Wir gaben ihm noch gut eine halbe Stunde Zeit, um erneut rauszukommen und uns betrachten zu können, aber ihm war heute nicht nach Europäern J.
Durch ein Warnschild wurden Besucher gewarnt, dass Bären die Straße queren und man sich nicht auf der Straße aufhalten solle. Für mich Grund genug mal in die Straße zu schielen, ob die Warnung berechtigt ist. Ca. 100 Meter von mir entfernt, querte ein Schwarzbär (der aus dem Gebüsch?) die Straße und verschwand. Natürlich rief ich die Familie und so wurde auch die junge Rangerin aufmerksam und kam angerannt. „Have you seen a bear?“ Ich bejahte und zeigte ihr, wo er, oder sie?, ins Gebüsch geschlüpft war. Aufgeregt lief sie zu ihrem Häuschen und rapportierte den Kolleg_innen.

Das war es dann auch schon für Alaska auf dieser Reise. Für die Wieder-Einreise nach Canada mussten wir am Grenzposten der Beamtin Rede und Antwort stehen. Aber alles ganz entspannt und freundlich, so eben wie sie alle sind. Keine Waffen, weniger Alkohol als am Vortag, keine Munition, usw. Wohin die Reise geht, wollte sie noch (nicht aus Neugier) wissen und verabschiedete uns mit den besten Wünschen für einen schönen Tag.
Inzwischen war es Mittag geworden und heute wollten wir der Bakery in Stewart einen „echten“, bezahlten, Besuch abstatten. Lucas und ich nahmen ein typisches Breakfast (er mit Bacon, ich mit Ham), Christoph begnügte sich mit einem Muffin und Mara mit einer Cinnamonroll. $ 38,00 weg.

Und dann? Dann war wieder Fahren angesagt und auch hier der Weg das Ziel. Auf dem Hinweg hatten wir uns schon die Red Goat Lodge angesehen, ein Campingplatz an einem See. Dort wollten wir die Nacht verbringen. Während der Fahrt dorthin haben wir immer wieder Waldbrand gerochen, ein Glück nur gerochen.
An der Lodge empfangen uns freundlich lächelnde Hunde.

Und ein See, der wieder zum Baden einlädt.

Unsere Nachbarn sind mit einem Wohnmobil des Fraserway-Konkurrenten „Canadream“ unterwegs und sind ganz glücklich, dass sie „im tiefsten Canada auf heimische Töne treffen“. Hm? Wir treffen dauernd Deutsche.
Am Picknicktisch machen wir es uns gemütlich und snacken ein bisschen. Einer der Hunde kommt vorbei, bettelt kein bisschen, sondern legt sich einfach zu uns Neuankömmlingen, bis er nach gut einer halben Stunde wieder zum Haupthaus trottet.
Zwei Einwohnerinnen von Iskut machen sich fertig ins Kanu zu steigen, um, wie sie berichten, Rainbow-Trouts, Regenbogenforellen, zu angeln. Es gäbe dort ganz tolle Fische.
Das lässt Christoph sich nicht lange sagen: er darf sich, Gott sei Dank für mich, eine Angelrute ausleihen und fängt uns zwei Forellen. Zuhause hatte sich noch mit einer neuen Angel ausgestattet, die in meinem Gepäck war. Leider habe ich aber vergessen, diese aus dem untersten Fach meiner Tasche zu nehmen und so liegt sie noch in Whitehorse.

Sogar ich überwinde meine Scham des nicht vorhandenen Badeanzuges und gehe in Unterhose und BH in den See. Zu verlockend die Aussicht, mal den Körper komplett ins Wasser zu tauchen. Herrlich! Vielleicht 14°C hat der See, und beim zweiten Eintauchen mache ich sogar ein paar Schwimmzüge.

Wir duschen uns noch am Camper ab und genießen das Wasser auf der Haut.

Nach dem obligatorischen abendlichen Gin Tonic und einem leckeren Dinner genießen wir noch die Stille des Ortes im Schein unserer Campinglampe.

 

Viele Kilometer

In Canada zu reisen, ist deutlich einfacher als in den USA, da man nicht permanent umrechnen muss. Hier gilt das metrische System!

Früh um 6:00 Uhr ging es ohne Frühstück weiter, wir wollten „kilometerschrubben“; Tagesziel: unbekannt, mal sehen, was geht. Auch erwarteten wir bessere Chancen Tier zu sehen, wenn wir früh morgens unterwegs sind. Bis Meziadin Lake schaffen wir es auf dem Cassiar Highway (#37) und finden einen schönen Campingplatz oberhalb des Sees. Das Wetter ist super, kurze Hose und T-Shirts sind die Bekleidung der Wahl. Es sei denn, man will gleich baden gehen, wie Christoph und die Kinder.
Campfire geht leider gar nicht, die Waldbrandgefahr ist extrem hoch. Auch auf der Fahrt war das Feuer schon stellenweise zu riechen.

Bei jeder Gelegenheit tanken wir. Unser Gefährt zeichnet sich durch 450 PS aus, Dieselmotor, nicht ganz so sparsam, wie der letzte „Buddy“ – dieser braucht gut 21 Liter auf 100 km. Wir genießen die Beinfreiheit, die für vier Erwachsene und viel „Gelersch“ wie Kamerarucksack, Laptoptasche, Bücher noch Platz bietet.

Takhini Hotsprings und endlich auch Christoph

Für 22 $ Tagespreis inkl. Flip-Flops sind Mara und Lucas in die Hotsprings „gehüpft“. Draußen habe ich mich bisschen umgesehen. Viel gab es nicht zu sehen. Da Maras Gepäck nicht mitkam, hat sie sich mit „Unnerbuchs“ und BH beholfen.

Zum Abarbeiten der Einkaufsliste, die Christoph schon in Deutschland vorbereitet hatte, fuhren wir auf den Parkplatz von „Real Canadian Super Store“; Lucas hatte am Vortag den Wagen abgeholt und die einstündige Einweisung über sich ergehen lassen. Einige Lebensmitteleinkäufe waren erledigt und bei der Übernahme des Campers am Regal zugeschlagen, wo sich allerlei Reste der vorherigen Campermieter befanden, wie Gewürze, Nudeln, etc.
Danach haben wir den Wagen organisiert, sprich unsere Koffer ausgepackt und die Einkäufe verstaut. Um Maras Gepäck zu holen, fuhren wir ein weiteres Mal an den Flughafen, und siehe da, die Tasche war da. Ihre Laune stieg damit gleich um ein Vielfaches und ein kleines Freudentänzchen auf dem Flughafenparkplatz ließ nicht lange auf sich warten.
Noch in den Outdoorladen, um die ökologische Seife für das Draußen-Duschen am Camper mit gutem Gewissen machen zu können, und Benzin für die Lampe waren noch auf dem Zettel. Seife gab es, Benzin nicht. Die Tipps, wo wir es bekommen könnten (Walmart oder Super Store), erwiesen sich als wenig hilfreich und so verzichteten wir weiter danach zu suchen, denn es wurde Zeit den Vierten im Bunde einzusammeln.
Christoph kam höchst pünktlich an. Alles perfekt. Hit the road, Jack! Jetzt geht es richtig los!

Nach ca. 350 km Fahrt in südöstlicher Richtung schlugen wir unser Nachtquartier auf einem Rastplatz auf. Unser Familientänzchen "absolvierten" wir, jetzt kann es richtig losgehen.
Das Thermometer am Auto zeigte 6°C an. Ok, die Nacht würde kalt werden. Damit die Leitungen nicht einfrieren, haben wir die Standheizung auf 20°C eingestellt – zu warm, wie wir alle einhellig am nächsten Tag feststellten.

Kurzer Nervenkitzel

Völigst entspannt und bestens vorbereitet verlasse ich unser Haus. Beim Abschließen denke ich noch kurrz, dass es gar nicht so blöd sein könnte, einen Handy-Stick einzupacken. Meine Kinder werden sich darüber sehr amüsieren! Möglicher Weise werden sie sogar nicht in meiner Nähe sein wollen, wenn ich ihn benutze, weil das echt nur was für asiatische Touristen und alte Leute ist.

Ich spurte noch schnell in den Keller und hole - weil Frauen bekanntlich immer Überraschungen im Schrank haben - noch einen originalverpackten Teleskopstab, um Handy-Fotos machen zu können, zu denen meine Armlänge (bei Selfies) nicht ausreicht.
Die Verpackung habe ich auf den Schuh-Berg im Keller geschmissen und los gings in Richtung S-Bahn. 15 Minuten Vorlauf bis zur Abfahrt der Bahn um 10:09 Uhr sollte doch sehr passabel sein.

Alles habe ich dabei. Das Ticket auf dem Handy, die Reisetasche, den Rucksack mit Laptop, Büchern und anderen wichtigen Dingen sowie meine Handtasche. Die Fahrt nach Frankfurt Flughafen ist ja seit 1.1.2018 für mich kostenlos, da ich als Mitarbeiterin des Landes Hessen "Eigentümerin" eines Landestickets bin und in ganz Hessen kostenfrei fahren kann.

Ich stelle mich in die Schlange zur Gepäckaufgabe an und höre den diversen Sprachen und Gespräche, die ich verstehen kann, zu. Da fällt das Wort "ETA" - ach ja, wo habe ich den Ausdruck denn? Inzwischen braucht man auch für Kanada eine Einreiseerlaubnis, ähnlich wie das ESTA für USA. Ok, der ist nicht dabei.  Alos was machen. Die Zeit würde locker reichen, noch einmal nach Mühlheim zu fahren und es zu holen und wieder zurückzukehren. Ich beschließe locker zu bleiben und erst mal am Schalter zu fragen. Dort gibt es Entwarnung, Hauptsache ich hätte es beantragt und es sei "approved", dann wäre das schon in Ordnung. In digitalen Zeiten und App-Anwendungen fällt mir auch ein, dass ich mit Internet-Zugang die Mail auch vorort zeigen könnte. Alles save.

Nun sitze ich am Gate B28 und warte auf das Boarding, dass in 17 Minuten beginnen soll. Den Reisenden der Premium Economy wurde gerade ein Upgrade für schmale 399,00 € in die Business Class angeboten. Das hört sich sehr nach Überbuchung an.

Ich wünsche mir jetzt einen guten Flug, packe meinen Sachen zusammen und fülle noch meine Trinkflasche für den Fall, dass wir länger als geplant auf dem Rollfeld rumstehen.

Meet you from Vancouver!

Maras Odysee

Mara schreibt…
Lucas und mein Tag begann entspannt. Wir haben um 10 Uhr morgens die Bahn Richtung Flughafen genommen, um viertel vor 11 kamen wir circa an. Ich habe noch groß rumgeprotzt, wie ich mich gleich ganz gemütlich in der Business Class hinlegen werde, während er in der Economy sitzt. Ihr kennt mich ja, frech bin ich nun mal ein bisschen. Ich habe ein Standby Ticket gebucht, was bedeutet, dass ich nur auf dem Flug einen Platz bekomme, wenn keine Vollzahler diesen beanspruchen. Wir laufen also zum Lufthansaschalter, um unsere Taschen abzugeben. Die Mitarbeiterin dort sagte mir: „Das sieht gar nicht schlecht aus, Sie werden bestimmt akzeptiert.“ Das hat mich natürlich sehr gefreut und ich war mir um meinen Platz sicher. Als ich dann allerdings zum Gate kam, sah das Ganze schon anders aus. Eine Kollegin stand zufällig hinter mir und fragte mich ob ich auch Standby fliegen möchte. Ich bejahte und meinte, die Frau vom Check-in habe mir schon gute Nachrichten überbracht. Sie sagte allerdings, sie habe anderes gehört. Und schon rutscht mir das Herz in die Hose. Ich bin dann zum Gate gegangen und habe die Kollegin dort gebeten, mich in eine sogenannte „Jump-Liste“ eintragen zu dürfen. Jumpseats sind die Sitze, die auch die Flugbegleiter „on-duty“, also im Einsatz nutzen. Auf der Boeing 747-400 gibt es von diesen Jumps vier extra. Diese hat der Kapitän für eventuelle Kollegen freigegeben. Nach circa einer halbe Stunde Warten und immer wieder die Liste der anderen Wartenden am überprüfen, bekam ich eine Nachricht auf mein Handy. Die Lufthansa App schickte mir eine Benachrichtigung die „Ihr Gepäck wurde akzeptiert“ lautete. Das musste bedeuten, dass ich mitkommen würde. Und so war es! Ich hatte großes Glück, dass ich einen solchen Jump ergattern konnte. Meinen erhofften Business Class Sitz hatte ich zwar nicht, aber das war mir völlig egal. Ich wollte bloß mit auf diesen Flug. Und den Wein, hat mir eine liebe Kollegin sogar auch in echtem Weinglas serviert.
Lucas und ich haben uns nach der Ankunft unseren Abend, nach einem deftigen Burger, im schönen Stanley-Park in Vancouver vertrieben.

Am nächsten Morgen hieß es um 6 Uhr wieder zum Flughafen aufzubrechen. Wieder hatte ich nur ein Standby-Ticket von Vancouver nach Whitehorse. Wir geben wieder die Taschen ab und diesmal höre ich schon am Schalter, dass es schlecht für mich aussieht. Ich habe tatsächlich keinen Platz mehr bekommen und einen Jump gab es diesmal auch nicht, da bei AirCanada (AC) nur Angestellte der Firma einen solchen nutzen dürfen. Ich sagte Lucas ich würde nachkommen und kümmerte mich dann um eine Umbuchung auf den nächsten Flug, der um 14:45 abgehen würde. Ich hatte also 7 Stunden am Flughafen in Vancouver vor mir, argh! Nach ca. 3 Stunden kam ich auf die Idee, mal einen Pilot von AC anzusprechen. Kurz später kamen zwei junge Co-Piloten an mir vorbei und ich dachte: „nutze die Chance“. Ich habe sie gefragt, ob sie Informationen haben, wie voll die weiteren Flüge nach Whitehorse an diesem Tag seien würden. Da ich nicht bei AirCanada arbeite kann ich diese nämlich nicht einsehen, so wie bei der LH. Auch sie sagten mir, dass es nicht wirklich rosig aussehen würde. Mehr als Warten blieb mir nicht übrig, auch wenn es mir dabei nicht gut ging. Um 14 Uhr habe ich mich dann zum nächsten Flug begeben. Dort sah ich einen Kapitän zum Gate gehen. Ich ging zu ihm und fragte ihn, ob er für den nächsten Flug hier sei. Und ob ich ihn etwas fragen dürfe. Ich erklärte ihm meine Situation und er meinte „I would love to give you a Jumpseat but I`m not allowed to.“ Während des Boardings kam er nochmal hoch und erkundigte sich bei der Frau vom Gate und mir, wie meine Situation gerade aussieht. Kurz bevor das Boarding beendet war, wurde ich ausgerufen. Eine andere Frau stand auch noch vorne am Flugsteig. Ob sie auch noch keinen Platz habe, fragte ich sie. Es stellte sich heraus, dass sie auf den Jumpseat sollte, damit ich einen Passagiersitz bekommen könnte. Das war echt toll! Die Mitarbeiterin am Gate tat wirklich alles, damit ich mitkommen würde. Und so ist es schließlich auch gekommen. Ich habe es geschafft. Lucas holte mich in Whitehorse ab und wir haben uns einen Campingplatz für die erste Nacht im RV (Recreational Vehicle) gesucht.

Zeitversetze Anreise

Es geht wieder los. Einmal mehr zieht es uns in die kanadische Wildnis.
Nach 25 Jahren werden wir Teile unserer Hochzeitsreise von 1993 nachfahren, den Kindern zeigen und uns sicher über die vielen Veränderungen, nicht zuletzt durch den Klimawandel bedingt, wundern.

Wie häufig ich hier im Blog berichten kann, ist ungewiss, da der Zugang zum Internet in der Wildnis eher selten möglich sein wird. Wir werden sehen, freuen uns aber über "neugierige" Besucher.

Für Christoph stand das Wochenende im Zeichen von Packen, da montags noch fast eine gesamte Arbeitswoche in Köln auf ihn wartete.

Ok, passt!

Merklich stieg unser aller Anspannung. Eine kleine Familienkonferenz für letzte Absprachen, haben wir am Sonntag erledigt. Aber so richtig will sich die Nervosität nicht legen. Naja, es ist auch etwas anders, als vielleicht üblich:

Um die Flugkosten möglichst gering zu halten, haben wir für Lucas und mich miles&more-Tickets gebucht. Lucas wollte gerne eine Nacht allein in Vancouver. B.C. verbringen, bevor es weitergeht in die drei Flugstunden entfernte Hauptstadt der Provinz Yukon, nach Whitehorse.
Nun, alleine bleibt er die Nacht in Vancouver nicht - er hat seine kleine Schwester am Bein🙂. Mara, als LH-Angehörige wollte kein festes Ticket (auch das hat natürlich Geld gespart) und sich über das Buchungssystem einen Jahresflug, Business-Class, am heutigen Tag gebucht. Aber weit gefehlt, wer glaubt, dass sie damit sicher auch mitkommt! Bis zuletzt war "Bibbern" angesagt. Letztendlich hat es aber geklappt - aber nix von wegen Business Class oder Extrawurst: "Jumpseat", was gleichbedeutend ist mit dem eher, für die Dauer eines so langen Fluges (9h), höchst unbequemen Flugbegleitersitz. Aber sie ist drauf. Große Erleichterung bei uns allen.

Hier bei ihrer Abfahrt... Alles unter 23 kg? Klaro!
Hätte sie es nicht geschafft, hätte sie es morgen mit der frühen Air Canada Maschine oder dann mit "meiner" um die gleiche Uhrzeit wie heute.

Ich melde mich morgen wieder vom Flughafen.